Die Sendung mit der Metrik #dsmdm

#14 "Digitale Transformation – mal ganz hypefrei"

mit Matthias Bettag von Digital Motion

Die Sendung mit der Metrik #dsmdm

#14 "Digitale Transformation – mal ganz hypefrei"

mit Matthias Bettag von Digital Motion

by Maik Bruns

Schon wieder dieses Buzzword! “Digitale Transformation” ist in aller Munde. Aber was verbirgt sich eigentlich wirklich und vor allem ganz hypefrei dahinter? Darüber habe ich mit Matthias Bettag in Folge 14 gesprochen. Und der muss es wissen. Denn digitale Transformation ist sein täglich Brot.

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In dieser Folge:

  1. Die Sendung zum Hören
  2. Shownotes
  3. Die Folge zum Nachlesen

Hier hörst du, was du über Digital Transformation wissen solltest.

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Wenn du das Ganze lieber lesen möchtest, unten gibt’s das komplette Interview in Textform.

Shownotes

Matthias Bettags Profile im Netz

Allgemein

Das war die Folge “Digitale Transformation – mal ganz hypefrei” mit Matthias Bettag

Hallo? Die Sendung mit der Metrik, der Webanalyse-Podcast mit Maik Bruns und seinen Gästen. Heute mit Matthias Bettag. Viel Spaß! #00:00:20-9#

Deine digitale Transformation wird jetzt eingeleitet!

Maik Bruns: Huch! Was war denn das jetzt gerade? Was ihr da gerade gehört habt, war die Einleitung zur aktuellen Folge und erstmal herzlich willkommen zu dieser neuen Folge von „Die Sendung mit der Metrik“.

Intro

Was heißt denn jetzt hier digitale Transformation? Warum sprechen wir denn jetzt darüber? Ich bringe euch mal so eine kleine Analogie. Vielleicht kennst du das auch. Du bist vielleicht jemand, der so jeden Tag viel mit Computern arbeitet und dann kommen irgendwie plötzlich Menschen auf dich zu und die möchten, dass du dann deren Computer reparierst, weil du kennst dich ja angeblich damit ganz gut aus. Oder vielleicht sowas anderes, du bist vielleicht im Photoshop einigermaßen fit, hast vielleicht das eine oder andere Bild auch schon mal ein bisschen aufgehübscht und plötzlich kommen Menschen auf dich zu und sagen, hey, kannst du nicht hier mein Layout machen, weil du kennst dich mit Photoshop aus?

So im Endeffekt ist das vielleicht so ähnlich mit digitaler Transformation. Weil das ist ein aktuelles Buzzword und ihr habt das sicherlich nicht das erste Mal jetzt gerade gehört. Da ist es ähnlich wie mit den gerade gehörten Geschichten. Es gibt viele, die das irgendwie betrifft, aber wenige, die das vielleicht richtig angehen oder überhaupt grundsätzlich mal verstehen. Natürlich ist auch die Frage, was hat denn Web- und Digitalanalyse mit digitaler Transformation zu tun?

Das werde ich mal versuchen gleich aus unserem Gast herauszukitzeln und das ist heute Matthias Bettag. Ich möchte euch Matthias kurz vorstellen. Wer nach ihm googelt, der wird erstmal eine Welt voller Interviews finden. Aber neben dem Interview-Dasein führt er halt auch noch ein reguläres Business, ist Co-Chair des Digital Analytics Hubs, das ist eine Fachkonferenz für Senior Analytics Experten und die findet einmal im Jahr zurzeit in den USA statt. Wer die Veranstaltung noch nicht kennt, der sollte sie sich vielleicht mal genauer anschauen, denn dort sind einfach sehr viele Menschen, die auf Senior-Level über Digital Analytics sprechen und für viele ist das die favorisierte Konferenz sogar. Dort wird im Wesentlichen auch viel Networking betrieben. Man schließt sich quasi 2 Tage lang mit Leuten, mit gleichgesinnten Leuten ein und kann dabei neue Ideen generieren und viel Wissen tanken.

Er ist außerdem stellvertretender Vorsitzender der Digital Analytics Association in Deutschland, Tutor für Digital Analytics, Online-Kurse bei der University of British Colombia. Hat auch im Fachbeirat der emetrics-Konferenz immer mal wieder eine Rolle gespielt. Aktuell nebenbei auch noch, quasi nebenbei auch noch Geschäftsführer bei Digital Motion und kümmert sich dort unter anderem auch speziell um Unternehmen, die sich der digitalen Transformation stellen, aus dem E-Commerce-Bereich, Finanzen, Versicherung und so weiter. Da berät er im Wesentlichen zu Strategien, Organisation, was zu tun ist letztendlich, um sich digital zu transformieren. Wenn das alles noch nicht genug ist, dann ist er auch noch selbstständig. Er hat hier und da dann auch sicherlich noch einiges damit zu tun. Jetzt sage ich aber erstmal herzlich willkommen, Matthias. #00:03:36.0#

Matthias Bettag: Hallo Maik.

Maik Bruns: Schön, dass du wieder dabei bist. Ich muss sagen, „wieder dabei bist“, weil wir hatten diese Aufnahme schon mal und wir haben glaube ich wirklich sehr wertvollen Inhalt transportiert und dann ist bei der Technik irgendwas nicht in Ordnung gewesen und deswegen finde ich es unglaublich klasse, dass du dich heute nochmal zur Verfügung stellst hier diese Aufnahme zu machen und ich glaube, das ist es absolut wert. #00:03:56.4#

Matthias Bettag: Sehr gerne. Vielen Dank! Das war mir selber unangenehm die Stimme so verzerrt zu hören. Das müssen wir einfach nochmal machen. #00:04:03.9#

Maik Bruns: Genau. Matthias, lass uns einfach direkt starten. Ich würde dich einfach bitten mal zu erklären wie du zur Webanalyse gekommen bist? #00:04:12.0#

Matthias Bettag: Ja. Gute Frage. Ich bin einer der vielen Quereinsteiger in diesem Beruf aus der Zeit vor, in den frühen 0er Jahren. Ich war mal Krankenpfleger in meinem ersten Beruf, habe dann Medieninformatik studiert. Damals dachte ich ganz am Anfang noch, das wäre Richtung Grafikdesign, aber es war tatsächlich viel Informatisches. Dann war ich mit einer kurzen Zwischenzeit war ich dann Webmaster bei Schering damals noch, bevor die von Bayer gekauft wurden. Und als Bayer Schering gekauft hat, bin ich aus der Webentwicklung für den lokalen Standort auf einen Global E-Marketing-Bereich gekommen, wo es unter anderem um jahrelange Migrationsprojekte ging mit hunderten von Webseiten. Das war so ein halbes IT-Projekt gesteuert aus dem Business. Allerdings habe ich relativ schnell geguckt, nicht, was kostet es eine Seite technisch von A nach B zu wuppen und auf eine neue Plattform und mit neuem Code und so weiter, sondern ich habe immer geguckt, wie performen die Seiten eigentlich und darüber habe ich mich dann mit Zielen, Zielgruppen und der ganzen Webanalyse beschäftigt und bin darüber immer tiefer eingedrungen. So ging das bei mir los. #00:05:15.0#

Maik Bruns: Ja, ist so ein bisschen ein Klassiker irgendwie. Also es gibt viele Webanalysten, die irgendwo diesen Quereinstieg gewagt haben. Weil man kann es ohnehin nicht studieren irgendwo, sondern das ist häufig so ein Learning by Doing mit ein bisschen Unterstützung von außen und manchmal dem Druck von außen. #00:05:28.0#

Matthias Bettag: Genau. Ich habe sogar noch in der Frühphase viele Leute kennengelernt, die waren sich gar nicht bewusst, dass sie Webanalysten waren. Weil die haben es jeden Tag gemacht, aber die kannten den Begriff nicht. Das ist ja auch damals noch relativ neu gewesen, dass diese Begrifflichkeiten A definiert wurden, sich dann auch siehe Digital Analytics Association, die damals noch Web Analytics Association hießen, WAA, wer sich noch erinnert. Da wurde im Grunde das Gesamte Berufsfeld erst etabliert und das waren aufregende Jahre. Haben wir immer noch, aber wir sind inzwischen ein paar Etagen höher. #00:06:01.6#

Maik Bruns: Ein paar Etagen höher ist ein gutes Stichwort. Die Frage ist, womit beschäftigst du dich denn aktuell täglich? #00:06:07.0#

Matthias Bettag: Genau. Ich bin geschäftsführender Partner bei Digital Motion. Wir sind eine Beratungsfirma für oft größere komplexere Fragestellungen in Unternehmen. Oft geht’s um Reifegrade, um die und nicht nur, ein Reifegrad an sich ist erstmal sowas wie weiß ich nicht ein Temperaturmesser oder sowas. Das sagt einem jetzt nicht gut oder schlecht, sondern wo man sich befindet und interessant ist dann wie entwickelt man sich auf die nächste Stufe? Also was ich relativ häufig habe, sind Sachen wie Strukturoptimierung bezüglich Prozessen, Personen, Plattformen und in unterschiedlichen Gewichtungen. Das ist so mein täglich Brot. #00:06:52.7#

Maik Bruns: Deine klassischen 3 Ps. #00:06:54.3#

Matthias Bettag: Meine klassischen 3 Ps. Genau. Dahinter kann man noch mehr Dimensionen aufmachen. Da können wir vielleicht nachher noch drüber reden. Aber die 3 Elemente sind immer betroffen. Personen, Prozesse und Plattformen. #00:07:04.8#

Maik Bruns: Du hast mal gesagt: “Ich denke, die Webanalyse hat keine große Zukunft, dafür aber die digitale Analyse. Das Web ist im Endeffekt nur eine Plattform wie andere auch”. Bleibst du heute noch dabei oder siehst du das mittlerweile etwas anders? #00:07:18.9#

Matthias Bettag: Ich finde es interessant. Dieser Satz, der ist neulich von ich weiß nicht was für Bots in Twitter aufgegriffen worden und groß grafisch durchge… ich weiß nicht wie oft ich den gelesen habe plötzlich und hey, wo kommt denn das her? (Maik: Mehrmals) Ich habe das sicherlich mal gesagt. Wahrscheinlich ist das ein wenig aufgepimpt worden in der Schärfe der Aussage oder Deutlichkeit. Ich glaube, dass dieses Zitat aus einem Interview von mir herkommt, was jetzt irgendwie wieder hochgekocht ist, was 5, 6, 7 Jahre alt ist. Mein Gott wie lange ist das her, als tatsächlich die WAA sich zur DAA, zur Digital Analytics Association umbenannt hat. Was ich damit ausdrücken wollte, war, Web ist zunehmend nur ein Teil, wenn auch sehr oft, vielleicht zumindest in unseren Breitengraden fast immer der wesentliche Teil der digitalen Messung. Aber je nach Geschäftsmodell, je nach Typ der sowohl Kunden als auch Angebotsdatenströme kann Web nur ein Fragment von vielen sein oder vielleicht sogar ein weniger priorisiertes. Insofern der Typus der Analyse in unserem Bereich hat im Wesentlichen mit Stream-Daten zu tun. Das ist klassisch bei Webanalyse, aber das gilt in leicht veränderter Form auch für Mobile oder für Social oder für Sensortechnik oder für viele Bereiche, wo im Grunde die chronologische Abfolge mit dem, was passiert eigentlich wann, die entscheidende Aussage hat und nicht nur ein wieviel oder wie oft. Das ist im Grunde das, was es auszudrücken gilt, ob man nun Webseiten im Fokus hat oder Mobile im Fokus hat, die in „Art zu Denken“ ist sehr ähnlich, auch wenn die Technologien und die Messinstrumente ein bisschen anders sind. #00:09:06.4#

Maik Bruns: Da sind wir eigentlich schon mitten im Thema. Also das ganze Thema Daten und Datengetriebenheit ist auch ein Thema, das Schlagwort, das wir heute bearbeiten wollen, nämlich die digitale Transformation auch im Endeffekt immer ein bisschen pusht. Und deswegen, aber bevor wir irgendwie jetzt schon in die Tiefe steigen, sollten wir vielleicht ganz am Anfang nochmal hingehen und sagen, was ist denn überhaupt digitale Transformation? Was ist das Ganze, was dahintersteckt? Vielleicht kannst du das mal kurz erklären? #00:09:32.9#

Matthias Bettag: Ja. Gute Frage. Auch natürlich ist die digitale Transformation als Schlagwort ein Riesen-Buzzword. Es wird von sehr vielen verschiedenen Perspektiven benutzt, aus einem Fachlichen heraus, aus deinem Prozeduralen, aus einem Visionären, in der Politik auch sehr häufig. Ich glaube, dass da auch sehr viele verschiedene Sachen transportiert werden. Wenn ich mal „oben“ anfange. Also wenn Politiker von der digitalen Transformation oder einer Digitalisierung spricht, ganz oft wird auch etwas transportiert, was wir aus fachlich technischer Sicht da gar nicht mit sehen. Das kann unter Umständen auch durchaus was sehr Negatives sein, was dann in schicke Worte kaschiert wird, wie das Wort Reform ähnlich ist. Wo also viel mit Kürzungen und Effizienzoptimierung auf Kosten von möglicherweise Arbeitsplätzen und Einflussfaktoren in der Steuerung dessen gearbeitet wird. Für uns ist eine digitale Transformation meistens eher etwas Prozedurales und eine Digitalisierung im Allgemeinen ist jetzt viel mehr als wir in der Digital Analytics machen. Weil da sind wir eher die Messer, also das Ausmessen übernehmen wir, von was auch immer passiert oder auch nicht passiert. Während wir jetzt nicht gesamte Prozesse digitalisieren, das ist nicht unser Job. Aber wenn sowas passiert, dann sind wir, sofern es sich in aller Regel bei uns mit marketing-lastigen Prozessen um solche handelt, sind wir dann natürlich dabei auszuwerten, was passiert wann wie. Ich würde sagen, die digitale Transformation hat sehr viel damit zu tun, dass Sachen A automatisiert werden, natürlich digitalisiert im Sinne von computergesteuert und damit auch in einer sehr hohen Taktung und Frequenz passieren mit einer mehr oder weniger Echtzeiterfassung und potenziell auch Aussteuerung. Und dafür gibt es Instrumente und dafür braucht es entsprechende Skillsets und Kompetenzen, um damit umzugehen. Und vor allem braucht es dann da auch wiederum Prozesse, jetzt sind wir wieder bei den Ps gewesen, die erlauben, dass für was auch immer für Erkenntnisse erfasst werden und interpretiert werden können, entsprechende Handlungen stattfinden. Also wir sind eher im operativen Bereich unterwegs als all diese große komische neblige Wolke der möglicherweise damit einhergehenden zu transportierenden Botschaften, die man auch oft hört zum Thema digitale Transformation. #00:12:00.0#

Maik Bruns: Aber es betrifft im Kern nicht nur ein Gebiet im Unternehmen, sondern in der Regel mehrere, wenn wir uns über Digitalisierung unterhalten oder? Welche könnten … #00:12:08.5#

Matthias Bettag: Ja natürlich, klar. Das ist im Endeffekt der wesentliche Knackpunkt, weil wenn plötzlich, gehen wir mal wieder zurück auf die einfachen Webseiten, der Webmaster jetzt nicht aufgrund von irgendwelchen Charts selber einfach irgendwie eine Kleinigkeit optimieren kann, sondern wir hier in Bereiche reinkommen, wo es um Preise geht oder um Logistik geht oder um längere Zeiträume, Kundensupport, dann haben wir hier eine Verknüpfung von verschiedenen möglicherweise erstmal nur Online / Digital Abteilung, aber möglicherweise kann das auch schnell in den Offline-Bereich, der möglicherweise auch schon Jahrzehnte länger etabliert ist, siehe Webseite von einer Ladenkette mit x Standorten der Filialen vor Ort, der Ladengeschäfte. Dann ergeben sich da Brücken oder Einflussfaktoren oder Steuerungselemente, die halt von online nach offline oder zurück sich beeinflussen. An der Stelle wird es sehr interdisziplinär und an der Stelle und das ist eine Erfahrung, die ich sehr früh gemacht habe, ist eigentlich der früher Web- jetzt Digital-Analyst in erster Linie eine Schnittstelle zwischen verschiedenen anfordernden Bereichen oder umsetzenden Bereichen. #00:13:23.2#

Maik Bruns: Was ist es denn im Endeffekt vielleicht nicht? Oder andersrum gefragt, wenn jetzt Unternehmen zu dir kommen, haben die vielleicht manchmal auch falsche Vorstellungen davon, was sie da umgesetzt sehen wollen? Erlebst du das in deinem Alltag? #00:13:37.2#

Matthias Bettag: Nein, ich erlebe manchmal falsche Vorstellungen bezüglich Aufwand und Zeiten bis etwas umgesetzt wird oder werden kann. (Maik: Klassiker.) Erst recht, Klassiker, und natürlich hilft sehr viel Geld alles sehr viel schneller zu machen oder mächtiger, aber ganz ehrlich ist das eigentlich keine Budgetfrage, weil ein Budget steht auch immer im Verhältnis zum Wert. Ich lasse jetzt mal die außen vor, die nur aus rein, oh das muss ich tun, weil das habe ich jetzt im Focus gelesen oder frag mich wo, weniger Fachmagazin, wenn wir die erstmal weglassen, dann hat man Unternehmen eigentlich mit sehr klaren Fragestellungen beziehungsweise Anforderungen beziehungsweise Zielvorstellungen. Wenn du mich fragst, was es nicht ist, würde ich sagen, der Heilsbringer. Also es ist nicht so, dass, wer nicht digitalisiert, per se sich wie ein Lemming in die Schlucht stürzt. Weil das wiederum hängt sehr stark davon ab, in welchem Geschäftsfeld und mit welcher Zielstellung man überhaupt was erreichen möchte. Wenn man in einem Personengeschäft ist oder in einem Geschäft, was halt nicht so einfach digitalisiert werden kann wie Finanz- und Versicherungswirtschaft sich digitalisieren kann, weil man einfach ein Personengeschäft ist. Wer Fahrradtouren durch eine Stadt anbietet, der wird mit einer Digitalisierung seine Guides, die mit menschlichen Interaktionen zu tun haben, nicht so leicht ersetzen können. #00:15:02.8#

Maik Bruns: Erlebst du denn, dass die Leute das nicht nur Heilsbringer sehen, sondern das vielleicht auch total runterreduzieren auf vielleicht ein Tool? So nach dem Motto, wir installieren jetzt irgendein Analytics-Tool und dann wird das schon alles oder erlebst du sowas? #00:15:19.7#

Matthias Bettag: Ja. Das schwingt leider sehr oft mit und dann wird Digitalisierung tatsächlich eher als Buzzword verwendet, weil dann sollte man eigentlich sagen, ich möchte hier ein neues Webanalyse-, Social Media System haben oder vielleicht auch komplexeres Zeug, wenn es ins Warehousing geht oder in BI-Systeme. Aber tatsächlich besteht oft auf der rationalen Ebene, wenn man nachfragt, ist das eigentlich verstanden, aber wenn es darum geht tatsächlich die Mittel freizugeben und die Investitionen und das sind nicht nur geldliche, sondern einfach auch arbeitslastige Investitionen und vielleicht auch trainingsbezogene, lernkurvenbezogene Investitionen einzugehen, da wird schnell oder oft geglaubt, bei weitem nicht immer, aber oft wird geglaubt, ich installiere jetzt, gib mir mal das beste Tool und dann läuft das schon, sinngemäß. Ich habe auch schon Fragen gehört wie, was ist der weltweit beste sowieso? Wo ich sagen kann, die Frage lässt sich so nicht beantworten, weil Größe und in Amerika würde man sagen NPS, Net Promoter Score, also Empfehlungsratio quasi, alleine heißt noch nicht, dass das die für den jeweiligen Kunden oder für das jeweilige Unternehmen optimale Lösung ist. #00:16:32.7#

Maik Bruns: Gibt’s überhaupt einen Grund, warum jetzt so viele oder vielleicht sogar im Endeffekt alle Unternehmen aufspringen und sagen, wir müssen uns der digitalen Transformation stellen? Ist das nötig oder was ist so die Triebfeder für die? #00:16:45.2#

Matthias Bettag: Also zum einen ist da natürlich ein ordentliches Marketing dahinter auf allen Ebenen. Das hat sicherlich Einfluss. Ich gebe nur mal so nebenbei der Begriff Cloud Computing. Wer den erfunden hat, ist echt klug gewesen, weil es ist immer noch kein einziger Computer schwerelos im Himmel unterwegs, sondern das sind weiterhin natürlich Rechenzentren, die fest auf der Erde verankert sind und mit sehr physikalischen Problemen zu kämpfen haben. Also es werden viele Begriffe benutzt, die möglicherweise und das meinte ich vorhin auch mit dem, da kann noch was anderes mit transportiert werden, da kann noch was anderes mit kaschiert werden und da kann auch sehr leicht, obwohl 2 Leute dieselben Begriffe benutzen sehr viel Verschiedenes drunter verstanden werden. Was typisch ist und das ist tatsächlich ein Schritt, der relativ auf der Hand liegt, das ist das Thema, wie kann man im Kundengeschäft, jetzt bin ich wieder eher auf der Marketing- und auf der Retail-Seite oder muss nicht nur Retail sein, aber alles, was man letztendlich über den Computer macht bezüglich Recherchen, Reservierung, Buchung, Einkäufe, das hat natürlich sehr viel damit zu tun wie gut und schnell und umfangreich kann man die Kundenwünsche bedienen und aufgrund der Technologie und den Möglichkeiten, die sich mit Online-Welten abbilden, hat man natürlich auch die Interaktionsraten der Besucher anders als in einem Ladengeschäft, auf dem Weg dahin, mit der Erfassung, wie bewegen die sich jetzt hier durch mein Angebot, ganz allgemein gesprochen. Das erlaubt grundsätzlich, also erstens weckt das natürlich Interesse und das erlaubt natürlich dann maßgeschneiderte Ansätze und je mehr diese Online-Welten kundenspezifisch gemacht werden, desto tiefer gerät man in diese Optimierungsschienen, um nach bestimmten Segmenten und nach bestimmten Intentionen und Kundenwünschen oder nach bestimmten Zielstellungen, sei es Wachstum im Verkauf oder Marktanteil oder Werbekostenreduzierung oder auch Supportoptimierung, Kundenzufriedenheit, diese Gebilde sage ich jetzt mal so zu nutzen, dann natürlich auch zu messen und das relativ schnell. In einem Wettbewerb, wo, ja Gott, wenn ich 15 Sekunden länger was suche als mir dafür vorschwebt, dann springe ich schon und suche den nächsten Link auf. Dann ist man in dem Bereich, wo es dann natürlich wieder sehr individuell wird, weil es gewisse Geschäfte gibt, die einfach in Konkurrenz zu anderen stehen und andere, die halt ein Alleinstellungsmerkmal haben und man kann nicht nur da einkaufen. Ich komme immer mit dem Beispiel Fans, also Fußballfans zum Beispiel. Eine schlechte Usability auf der Webseite meines Vereins wird mich nicht dazu bringen ein Trikot bei einem anderen Verein zu kaufen. Also da gehe ich durch jeden Schmerz, wenn ich dieses Trikot haben will. Aber wenn ich bei einem Retailer bin, der einer von 278 ist, die mir meine Puma Turnschuhe verkaufen, dann gehe ich halt zum nächsten, wenn der Shop scheiße ist. Da geht’s dann los, wo man sich überlegen muss, muss man genau dasselbe machen wie alle immer propagieren oder sollte man überlegen, was ist für mich jetzt genau nützlich? #00:19:45.0#

Maik Bruns: Finde ich sehr spannend den Ansatz. Ja, genau. Also diese extreme Treue, die viele haben, die führt nochmal dazu, dass nicht alle Unternehmen diesen Weg mitgehen müssen. Aber die ihn gehen wollen, hast du da das Gefühl, die widmen sich dem Ganzen sehr radikal? So nach dem Motto, wir müssen jetzt digital werden. Alles andere, was wir bisher gemacht haben, ist uns egal. Oder ist das schon Augenmaß, was bei den Unternehmen passiert? #00:20:10.8#

Matthias Bettag: In meiner Welt und die ist natürlich auch subjektiv eingefärbt, klar, ist es eher mit Augenmaß. Das Augenmaß hat verschiedene Komponenten. Nehmen wir mal eine Matrix-Organisation. Sprich, man hat eine Zentrale und man hat verschiedene Business Units und verschiedene Länder. Also hat man eine Vertikale mit einer Business-Unit über viele Länder oder man hat ein Land oder eine Region mit vielen Business-Units. Das meine ich mit Matrix. Da hat man automatisch Absprachen, Konsolidierungsthemen, sehr wahrscheinlich auch Cross Chargings für bestimmte Budgets und outgesourcte Dienstleistungen im Unternehmen an die IT, an das Marketing, an vielleicht eine Digital Analytics Abteilung, an Logistik, an sonst was für technische Dienstleister. Da gibt’s natürlich einen sehr hohen Klärungsbedarf, wenn man da plötzlich eine neue Plattform reinschraubt oder die Leute nach gemeinsamen Zielen oder KPI-Templates oder Frameworks operieren lässt. Das ist einfach ein hoher Abstimmungsbedarf, wo man die Leute mitnehmen muss. Ich sehe eigentlich den ganz radikalen Ansatz, den sehe ich auch, aber das sind selten welche, die sich zumindest bei mir Hilfe holen, weil man ganz grob unterscheiden muss zwischen den reinen Onlinern oder, ein neues Schlagwort, Digital Natives, also jetzt auf Unternehmensebene, nicht auf Personen-, Mitarbeiterebene oder Kundenebene. Sprich, ein Unternehmen, was vor 3 Jahren gegründet wurde und mit der aktuellen Welt quasi angefangen hat zu existieren, hat natürlich ganz andere Herausforderungen als ein 120 Jahre altes Versicherungs- oder Bekleidungsunternehmen oder irgendwie sowas. Wo einfach ganz andere Grundlagen und Vorgaben sind. Dann gibt’s natürlich innerhalb der verschiedenen Branchen auch noch sehr unterschiedliche Restriktionen oder auch weniger Restriktionen. Also Banking oder Pharma oder Finanzen. Versicherung ist was völlig anderes als, wenn ich im Dating-Bereich unterwegs bin. Das sind radikale Unterschiede. #00:22:08.1#

Maik Bruns: Ist denn digitale Transformation für Unternehmen sowas wie der heilige Gral? #00:22:12.5#

Matthias Bettag: Ich fürchte fast, die sagen das oder viele denken das so. Ich würde das selber so nicht bezeichnen. Ich sehe das als eine mehr oder weniger notwendige Disziplin und gegebenenfalls nötige Umwandlung. Wie gesagt, je nachdem, wo man herkommt und was man so tut. Ich würde das nicht pauschalisieren und es gibt auch viele Lebensbereiche, wo ich eine digitale Transformation jetzt nicht aus der Mess-Ecke, sondern aus der Umstellungsecke gar nicht so positiv sehe. #00:22:47.7#

Maik Bruns: Und wo zum Beispiel? #00:22:49.0#

Matthias Bettag: Zum Beispiel in der Bildung. (Maik: In der Bildung.) In der Bildung. Also ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass Bildung, nicht Ausbildung, Ausbildung wäre quasi das Optimieren auf eine bestimmte Tätigkeit. Aber Bildung allgemein ist erstmal nicht nach unternehmerischen Zwecken ausgerichtet im Sinne von, das muss jetzt profitabel sein, sondern es ist offen. Bildung hat sehr viel, vielleicht alles mit menschlicher Kommunikation zu tun. Das kann ich assistieren durch Maschinen und illustrieren und natürlich gab es immer schon in der Bildung Medien, die zum Einsatz kamen und kommen sollten und kommen müssen, aber das würde ich nicht, ich halte die Digitalisierung an der Stelle überhaupt nicht für einen Ersatz und eine radikal neue Welt, die das bisherige ablöst. Sondern aus meiner Sicht ist das eine hin und wieder sehr sinnvolle, hin und wieder sehr abwägenswerte Ergänzung. Teilweise eine Veränderung in etwas. Aber ich würde es nicht, es gibt so einen Ansatz manchmal zu glauben, das ist in der Webanalyse auch nicht untypisch gewesen, dass dort alles neu erfunden wird. Wenn man mit einem Webanalysten redet und der begeistert über Methoden und Segmentierung redet und dann sagt, das ist alles richtig. Im Übrigen wurde das schon Anfang der 60er Jahre für Katalogmarketing beschrieben im Wesentlichen, dann staunen die Leute manchmal, weil die sich dessen nicht bewusst sind, dass dieselben Prinzipien, natürlich in einer anderen Frequenz und mit anderen Möglichkeiten, aber dasselbe Prinzip gab es natürlich schon immer. Oder zumindest seit es Marketingakquise und letztendlich kapitalistische Kundengewinnungsthematiken gibt. #00:24:29.5#

Maik Bruns: Ich finde deinen Ansatz zum Thema Bildung sehr interessant. Ich denke zwar trotzdem manchmal würde es nicht schaden, Kindern und Heranwachsenden auch etwas mehr über digitale Prozesse als solche zu erklären und ihnen auch die Welt da draußen zu erklären, aber das ist nochmal, ich glaube, das beschränkt sich eigentlich nicht nur auf Digitalisierung, sondern das beschränkt sich eigentlich auf alles, was so nach der Schule kommt. Das ganze Unternehmertum und so weiter, was irgendwie dazugehört. Das fehlt manchmal schon. #00:24:57.8#

Matthias Bettag: Genau. Und ich finde es völlig richtig, dass bestimmte Instrumente gelehrt werden und der Umgang damit. Also jetzt ganz klassisch Tatstatur. Hätte ich mal als Kind mit 10 Finger Tastatur gelernt, dann würde ich heute noch schneller tippen. Natürlich die Auseinandersetzung darum, was man unter Medienkompetenz verstehen kann. Das heißt nicht, dass ich digitale Welten aus der Bildung raushalten würde, aber ich halte es für falsch zu glauben, dass man mit mehr oder weniger Verzeichnisbaum-strukturierten Lernkapiteln, die automatisch bewertet und berechnet werden, was rein computertechnisch möglich ist, das Thema Bildung bedient. Das ist aus meiner Sicht eine Ausbildung. Wenn man es gemein sagt, auch eine Konditionierung. Das ist der Aspekt, der mir nicht gefällt. Aber das ist sozusagen eher der gesellschaftspolitische Ansatz. Aus messtechnischer Sicht ist das eine andere Dimension. An der Stelle ist der Begriff digitale Transformation in unserer Welt, wie gesagt, wir sind die Messtechniker der digitalen Welten und erstmal sehr neutral bezüglich dessen, was gemessen wird. Das sind Datenströme, ganz allgemein. Woher die kommen, wohin die führen, muss uns nicht so doll interessieren, weil das Prinzip ist diese Ströme in Ordnung, also in einer Ordnung zu bringen und dann in handlungsfähige Interpretationen zu überführen. #00:26:21.2#

Maik Bruns: Da sind wir ja schon mit in der Schnittmenge der Sendung mit der Metrik mit der digitalen Transformation. Aber jetzt müssen wir auch mal drüber reden, welche Rolle denn Analysten oder Digital- oder Webanalysten oder allgemeine Analysten bei der ganzen Nummer spielen? Vor allen Dingen natürlich die Webanalyse. Wie ist denn so deine Erfahrung, werden Webanalysten in das Thema gut einbezogen oder sind davon zu wenige da oder wie siehst du es? #00:26:48.7#

Matthias Bettag: Ja. Also mein Gott. Ich könnte jetzt hier ein Buch schreiben über Anekdoten und Jammereien, weil das so oft nicht der Fall ist. Und jeder von uns oder zumindest der Leute, die die Sendung mit hoher Wahrscheinlichkeit hören, haben wahrscheinlich mehr als ein Dutzend Beispiele, wo der Webseiten-Launch gestern war und dann ruft die Abteilung an und sagt, übrigens, kannst du mir das ausmessen? Ja, wieso? Du hast mir gesagt, dass du etwas launcht. Das ist ein Klassiker so oder ähnlich. Und natürlich ist das etwas ehrlichgesagt, wo ich eine sehr große Veränderung zum Positiven gesehen habe. Also die Analyse-Teams, so sie existieren, oder zumindest das Thema Analyse genau … genommen ist es eher erstmal Tracking und dann vielleicht Reporting, bis man endlich zur Analyse kommt. Wird besser bedacht. Es ist immer noch so, dass gerne erstmal vorgeplant wird und dann hat man IT-Systeme, man hat einen funktionalen Aufbau, man hat die Wireframes und was denn wie gemessen werden soll und kann, kommt leider viel zu spät. Aber das ist besser geworden, muss ich sagen, die Entwicklung. Ich sehe auch also wirklich mehr Integration und Ansätze. Die Frage ist immer, wer steuert was mit welchem Mandat? Wenn die Webanalyse so ähnlich gehandelt wird wie die IT als Kostenzentrum, dann hat das ein Problem in sich. Weil Analyse sollte eigentlich einen Mehrwert bringen und somit ein Profit Zentrum sein und natürlich, wenn ich der Budget Owner bin von dem Webseiten-Relaunch und ich muss mir überlegen, wen hole ich da rein, dann denke ich wahrscheinlich erstmal an die Web Developer und an die Creatives und vielleicht auch ein Produktmanager bis ich die teuren Analysten reinhole, die mir hinterher erzählen, was ich alles gemacht habe. #00:28:26.4#

Maik Bruns: Ja. Kommt mir bekannt vor. Das ist immer wieder gerne gehört, dass Webanalysten später in der Reihe erst dran sind und was ich auch nicht verstehen kann. Aber häufig kommen von dort eben sehr gute Impulse auch, was zum Beispiel bei Relaunches berücksichtigt werden könnte, weil gute vergangenheitsbezogene Daten schon da sind, die vielfach die Dinge, die später kommen, erleichtern oder mindestens vielleicht sogar ermöglichen. #00:28:50.7#

Matthias Bettag: Richtig. Das macht sehr viel aus wie, das meinte ich vorhin mit dem Mandat, was ein Web Analyst, Digital Analyst hat oder eine entsprechende Abteilung, wenn die wie so ein optionaler Dienstleister gesehen werden, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die rechtzeitig eingebunden wird, gering. Dann ist aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass die proaktiv Empfehlungen aussprechen und sich in Prozesse reindrängeln, so sie nicht schon da gesetzt sind, auch gering. Beziehungsweise, dass die Leute, die so vorgehen, dann aus der Organisation heraus gebremst werden, vielleicht frustriert sind und woanders hingehen. Das sind alles Symptome, die wir glaube ich hinreichend gesehen haben. Aber das ist sozusagen die gute Seite dieses großen Buzzwords. Analyse ist zumindest auf dem Radar. Wie auch immer es dann gelebt wird. Somit haben wir deutlich bessere Bedingungen als vielleicht vor 5 oder 10 Jahren, würde ich sagen. Die natürlich auch mit wachsender Komplexität einhergeht. #00:29:51.8#

Maik Bruns: Ja. Das sehe ich ähnlich. Ich habe just vorhin noch mit einem Unternehmen gesprochen, wo wir das Thema Komplexität haben, wo dann eben nicht nur eine Website am Start ist, sondern weil sie eben, weil das Unternehmen schon stark gewachsen ist, schon vielleicht 20 Websites da sind. Wenn dann solche Projekte ins Rollen kommen, dann hat man plötzlich ganz andere Dinge am Hut als nur mal eben eine Website zu relaunchen. Weil dann geht’s auch um Integration, dann geht’s um Konsolidierung und so weiter und dann wird es irgendwann wirklich sehr komplex. Du hast schon völlig recht. Dann hat man natürlich auch den emotionalen Faktor, der eine Rolle spielt. Weil wenn jemand jahrelang gute Arbeit gemacht hat, ich bleibe jetzt mal bei der Matrix-Organisation, in einem Land, was jetzt nicht die Zentrale ist, alles wunderbar aufgesetzt, alles richtiggemacht und plötzlich kommt der Zar vorbei und sagt, übrigens wir haben eine neue Guideline, das ist der neue Standard. Alles auf null. Aus Sicht des Regionalen ist das natürlich schade und dann entstehen automatisch Widerstände. Also das ist ein ganz wesentlicher Faktor, weil immer noch Menschen am Start sind, die da mit einer gewissen Leidenschaft, Herzblut und Arbeitseinsatz reingehen und dann kommt plötzlich da so ein Youngstar vorbei, der alles darf und vom Konkreten vielleicht keine Ahnung hat, aber jedem erzählt wie es sein soll. Das muss man einfach respektieren, weil letztendlich ist das gesamte Thema digitale Transformation oder auch das viel kleinere oder fraktal in diesem Riesengebilde, das Implementieren von neuen Systemen ist jedes Mal ein Change. Ein Change führt automatisch zu mindestens einer kleinen Portion Skepsis, Rückfragen, wenn es dumm läuft auch Widerständen und da gibt es verschiedene Wege damit umzugehen. Aber das ist völlig normal. #00:31:33.8#

Maik Bruns: Ja. Ich sehe Change auch immer als kleinen Teil von Challenge. Es fehlen nur 3 Buchstaben. #00:31:39.6#

Matthias Bettag: Das ist richtig. Genau. Das ist der Punkt. Aber man will auch die Leute nicht unnötig herausfordern oder um der Herausforderung Willen herauszufordern, sondern das Ganze braucht einen Weg und ein Ziel, was verstanden wird und dann auch gemeinsam beschritten wird. #00:31:55.8#

Maik Bruns: Jetzt haben wir schon über die Menschen gesprochen im Unternehmen. Kommen die denn bei der ganzen Entwicklungsgeschwindigkeit noch mit? Jetzt hattest du gerade schon angesprochen so, was ist, wenn Leute von außen draufkommen, die vielleicht ein ganz anderes Bild oder Blick auf das Unternehmen haben und Dinge verändern wollen? Wie langsam oder wie schnell kommen Menschen noch hinterher bei der ganzen Wandlung, die da passiert? #00:32:18.6#

Matthias Bettag: Das kann man gar nicht, also ich kann es nicht pauschal beantworten. Ich sehe sehr oft, dass tatsächlich ein großer Wille zur Veränderung ist oder eine klare Erkenntnis, das und das machen wir noch nicht gut oder gut genug oder viel zu langsam. Insofern ist es oft so, dass die Mitarbeiter, die direkt betroffen sind, auch ein hohes Maß an Eigenmotivation haben, weil sie sich freuen auf letztendlich viel interessantere Arbeit als 5 Tage lang den Report des letzten Monats zusammenzusuchen über 34 verschiedene Einzelsilos oder auch mal 500 verschiedene. Insofern ist dadurch auch so Motivation da. Es gibt natürlich auch das Gegenteilige. Ich würde in meiner Welt nicht sagen, dass das pauschal auf Widerstände trifft, sondern das sind eher die Widerstände, die ich merke, sind eher Verständnisfragen oder Etablierungsgeschichten von wegen, das haben wir doch immer gut gemacht, warum kommt denn jetzt was anderes? Manchmal ist es so, dass wenn ein neuer Standard eingeführt oder eine globale Lösung eingekauft wird, dann ist die nicht unbedingt besser oder schlechter als, was vorher gelaufen ist, sondern dann hat das auch mit Themen wie Investitionssicherheit oder Corporate-Lizenzen oder internationaler Verbreitung und Support und so weiter zu tun und gar nicht mit den Kernfunktionen, die man oft ähnlich gut hat bei vergleichbaren Systemen. #00:33:46.8#

Maik Bruns: Ich sehe auch häufig so einen evolutionären Ansatz bei Unternehmensmitarbeitern, die dann ein bisschen besser verstehen, was im Unternehmen auch passiert, nachdem sie sich zum Beispiel der Webanalyse geöffnet haben, weil sie sich vielleicht plötzlich mit Zielen auseinandersetzen, die sie vorher A entweder noch nicht kannten oder B nicht als irgendwelche KPI identifizieren konnten. Die dann plötzlich auch eine gesunde Neugier daran entwickeln, das Unternehmen tatsächlich weiterzubringen und nicht nur einfach ihren Job zu machen, weil das Ganze dann plötzlich auch mit Zahlen und Daten hinterlegt werden kann. Das ist dann auch ein schöner Nebeneffekt dieser ganzen Digitalisierung. Man blickt viel tiefer rein. #00:34:28.1#

Matthias Bettag: Richtig. Das kann tatsächlich auch Einzelpersonen oder Abteilungen befähigen oder motivieren oder schlichtweg erlauben sich entsprechend zu positionieren und dann auch die Wertigkeit und Anerkennung und damit einhergehend Positionen und letztendlich Gehälter oder Budgets zu bekommen, die man anstrebt. Das ist erstmal eine gute Entwicklung, solange das nicht bedeutet, jemand anderes bleibt auf der Strecke. Aber nochmal zurück. Also natürlich gibt es da Wechselbeziehung, wenn alle in den Online-Shop gehen und das Ladengeschäft auf der Strecke bleibt, dann hat man ein Hoch hier und ein Down da. Das muss aber wahrlich nicht immer der Fall sein. Oft ist es eine Verknüpfung von zwei bisher disjunkten Welten, die auch mit einer hohen Reibung einher laufen. Ich glaube, gerade das Thema Webseite mit Ladengeschäft, erst recht, wenn die Webseite technisch eine andere GmbH ist als die ganzen Filialen, die vielleicht sogar Franchiser sind und im Endeffekt in Konkurrenz zueinanderstehen. Das hängt sehr stark damit zusammen, wie das gesamte Unternehmen dieses Spiel spielen möchte und wie sie da auch bereit sind zum Beispiel Beiträge zueinander, online zu offline, offline zu online, zu erkennen und auch entsprechend zu bewerten. Wenn man da eine künstliche Schranke zieht und sagt, alles, was im Shop passiert, ist unabhängig davon, was in den Läden passiert, aber in den Läden wird recherchiert und im Shop wird gekauft, dann ist das unfair gegenüber den Läden. Das heißt auch da braucht es faire Spielregeln, die das abbilden. Um diese Spielregeln etablieren, müsste man aber erstmal messen, was denn tatsächlich der Effekt ist, den man erkennen kann. Dann kann man entsprechend Strukturen aufsetzen, die alle Seiten vernünftig bedienen und nicht den ein oder anderen übervorteilen oder dauernd deprimiert zurücklassen. Ähnliches Thema hat man zwischen Callcenter und Webseite. Der Abschluss im Callcenter. Das Callcenter reklamiert den Abschluss der Webseite und beide bedingen zum Teil einander. #00:36:36.3#

Maik Bruns: Würdest du grob drüberschreiben über das Ganze, dass Digitalisierung auch ein Stück weit dazu dient Silos aufzubrechen? #00:36:43.7#

Matthias Bettag: Ja natürlich. Auf jeden Fall. Also das ist sogar, das ist oft sogar ein direkt so formuliertes Ziel. Wobei ich dann frage, ist das eine Digitalisierung? Wenn ich digitale Silos zusammenführe, ist es eigentlich eher eine Datenintegrationsgeschichte. Aber da gehe ich schon wieder mit der fachlichen Brille ran. Aber das ist ein ganz klassisches Thema und da berühren wir aus meiner Sicht besonders stark das Thema Onsite- gegen Offsite-Marketing oder Messung. Offsite ist, wo das ganze Geld ist, in den Werbenetzwerken. Für die Platzierung von allen möglichen Marketingwerbemaßnahmen. „Onsite“, in Anführungsstrichen, im besten Fall ist das der Shop und dann kommen da die Einnahmen raus. Dadurch, dass sehr viel Geld in Offsite steckt, ist da auch ein sehr hoher Fokus drauf. Das wiederum setzt das Risiko, dass man sich sehr stark auf Offsite konzentriert oder nur auf Offsite und nicht den dazugehörenden anderen Teil der Medaille hinreichend berücksichtigt. Da sehe ich durchaus ein Thema, dass manchmal der Webanalyst oder die Digital Analytics Bereiche existieren parallel von mehr oder weniger asynchronen oder nicht wirklich verknüpften WerbE-Marketings, die natürlich auch analysieren. Im schlimmsten Fall optimiere ich auf Cost per Click, aber was eigentlich relevant ist, ist Cost per Order und was noch viel relevant ist, wäre eigentlich die Lifetime-Value beziehungsweise die Langzeitwertigkeit von was auch immer da passiert. Da kann man relativ schnell einer falschen Metrik anhängen, die man hinreichend durchoptimieren kann. Aber das ist nicht wirklich das, was der der optimale Vorgehensweg wäre. #00:38:31.1#

Maik Bruns: Wenn jetzt ein Unternehmen sich überlegt, ich möchte dabei sein bei dieser Digitalisierung, was müssen die denn tun, wenn sie bisher noch nicht viel gemacht haben? Wo fangen die an? #00:38:41.8#

Matthias Bettag: Ich glaube, das erste ist tatsächlich sich zu überlegen, wozu will ich das überhaupt haben? So banal das klingt. Wo drückt der Schuh, was ist der Schmerz, wo will ich hin? Wenn man ein Unternehmen hat, was sozusagen so blank ist, dass es sich noch gar nicht in digitale Bereiche vorgetraut oder gerade mal so eine statische Webseite hat, obwohl es viel mehr machen könnte, dann gibt’s da natürlich ganz viele Möglichkeiten was zu tun. Ich denke, die brauchen eine gewisse Bereitschaft sich auf neue Geschichten einzulassen. Man kann 4 Berater fragen und kriegt vielleicht 5 Meinungen zurückgespiegelt. Vielleicht auch immer dasselbe. Aber der Ansatz ist aus meiner Sicht immer ein individueller. Der muss in einem richtigen Verhältnis stehen zu dem, was die Unternehmen leisten können, nicht nur finanziell, sondern auch mit ihren personellen Ressourcen und generellen Möglichkeiten. Es muss in Schritten erfolgen, dass man nicht 4 Jahre unter der Erde arbeitet, um ein Fundament zu gießen, bevor man das 1. Stockwerk sehen kann, bildlich gesprochen. Manchmal sind es sehr einfache Tricks, die großen Augenöffner für alles, was danach kommt. Einer dieser Tricks ist zum Beispiel ein individualisiertes Reporting, was tatsächlich das abbildet, was der Reportempfänger auch wirklich sehen sollte, um damit zu handeln. In diesen Satz habe ich so viele Sachen reingepackt, das kann ein einjähriges oder zweijähriges Projekt sein in größeren Unternehmen. Aber das habe ich mehrmals erlebt, das ist ein ganz entscheidender Punkt, der gerne übersehen wird, dass man sich sehr genau überlegt, wer bekommt in welcher Frequenz welche Daten. Und zwar nicht im Sinne von, was muss ich jemandem vorenthalten, sondern vielmehr, was hat eine echte Relevanz? Ich komme jetzt mit einem sehr einfachen Beispiel, die Anzahl der Pageviews sagt mir überhaupt nichts zur Kampagnen-Performance. Das messe ich anders. Das ist manchmal den Leuten nicht bewusst. Die kommen manchmal mit einer Vorstellung wie ich vielleicht zum Arzt gehen würde im Sinne von, ich brauche ein Medikament dafür, weil ich habe das und das. Dann guckt mich der Arzt an und fragt mir erstmal die Symptome ab, um festzustellen, dass ich komplett auf dem Holzweg war. Sinngemäß, ich brauche was gegen Kopfschmerzen und er stellt fest, ich bin seit 4 Wochen aus meiner Dunkelkammer nicht rausgegangen, mach mal das Fenster auf, das hilft auch. Aber das erlebe ich oft, dass die Leute sagen, ich brauche die Pageviews per Session, ich brauche die Anzahl der Downloads, ich brauche die … Die kommen gleich mit einer fertigen Metrik, aus der sie den Erfolg abzuleiten denken. Manchmal stimmt’s manchmal nicht. Aber schöner ist eigentlich, wenn derjenige mir sagt, das brauche ich, weil damit kann ich nämlich erkennen, wie meine Benutzer sich hier und dort verhalten oder wie der und der Anstieg in meiner echten Zielerreichung ist. Die Zielerreichung ist niemals, erhöhe die Pageviews, sondern Zielerreichung sind, üblicherweise geht’s nach Marketshare oder nach Abverkäufen oder nach Wertigkeiten, die erhöht werden oder, oder, oder. Aber diese Ziele zu erreichen und das zu übersetzen auf Digital Analytics Metriken oder Kombination von Metriken, was so KPIs sein können, das ist eigentlich die Kunst. Das öffnet echt Augen, weil das versteht dann derjenige egal mit welcher Ausbildung oder in welchem Fachbereich er oder sie tätig ist als eine ganz konkrete Hilfe, weil plötzlich sprechen diese Daten, diese Zahlen, zu der Person und erklären, was läuft, was nicht läuft. Nicht nur rückwirkend plakativ, sondern auch hinsichtlich einer Handlungsanweisung oder einer klaren Erkenntnis, die dann auch nicht nur mittelgut, schlecht, im Vergleich zum x-Zeitraum ist, sondern im Vergleich zu den tatsächlichen Geschäftszielen und Zielerreichungen. #00:42:36.0#

Maik Bruns: Ja. Das große Thema KPI und KPI-Entwicklung. Da sei nochmal der Hinweis auf die Folge bei „der Sendung mit der Metrik“, das ist die Folge mit Marco Hassler, wo wir ich glaube 1 Stunde lang auch über KPI gesprochen haben und was es damit so auf sich hat. Wirklich tolle Insights, die Marco da auch gegeben hat. Also Matthias, nochmal, wenn wir jetzt sagen würden, das Ziel muss sein am Ende schlagfertige Reportings zu erheben, die Fragen beantworten und Handlungsmöglichkeiten eröffnen, dann brauchen wir davor auch erstmal vernünftige Daten. Da geht’s dann schon wieder los. #00:43:15.1#

Matthias Bettag: Ja. Ich komme immer gerne mit meiner Illustration, die ich aus meiner Zeit bei Symphonic mitgenommen habe. Es wird oft davon ausgegangen kundenseitig, ich fange Analyse an, dann kann ich optimieren, dann kann ich segmentieren, dann kann ich personalisieren und dann kann ich irgendwann erstmal Online-Business und später Gesamt-Business optimieren und so weiter. Da gibt’s verschiedene Modelle zu, die das wunderbar zwischen 4, 5, 6, 8 Schritten erklären und wunderbar bezeichnen. Das Wesentliche ist aber, bevor ich analysieren kann, brauche ich Reportings, die von meinen Business-Stakeholdern, sorry fürs Buzzword, die richtigen Fragen provozieren. Um das zu liefern, muss ich überhaupt erstmal die verschiedenen Tools konfiguriert haben und miteinander abgeglichen haben. Um das zu können, muss ich das Tracking validiert und komplett haben. Das heißt, wir haben 3 Unterstufen, nämlich Tracking, Konfiguration, Reporting, Customer Reporting, bevor überhaupt die Leute in der Lage sein können einheitlich dieselbe „Sprache zu sprechen“ und sehr konkret zu sagen, jetzt muss ich aber das wissen. Weil letzte Woche war aus merkwürdigen Gründen, die mir nicht bekannt sind, ein großer Einbruch an dieser Stelle und ein anderer an dieser Stelle oder ein Anstieg hier. Woran lag das denn? Warum ist das passiert? Dann hat ein Analyst erst was zu tun. Ansonsten reden wir über deskriptives Reporting. Sehr oft glaube ich wird das Wort Analyse benutzt, um eigentlich Tracking oder Reporting zu bezeichnen. Was jetzt nicht ganz weit weg ist, aber es ist nicht dasselbe. Der andere Punkt ist, dass man sich dann nochmal überlegen muss, Riesenthema Segmentierung, wie kann ich überhaupt was messen? Es ist völlig sinnlos sich Durchschnittswerte anzugucken über verschiedene Use Cases oder über verschiedene Zielgruppen oder über verschiedene Zielstellungen. #00:45:07.7#

Maik Bruns: Stellst du denn dabei fest, dass da auch das zeitlich ganz, völlig unterschätzt wird? Weil natürlich hat das Ganze eine gewisse Komplexität. Kommen Unternehmen zu dir und sagen, so, jetzt hätte ich hier gerne, dass wir uns der digitalen Transformation stellen. Ein halbes Jahr, länger darf es ja nicht dauern oder? #00:45:25.0#

Matthias Bettag: Also es gibt zum Glück genug, die das länger einschätzen. Aber wenn ich mit einem Reifegrad, mit einer Reifegradauswertung in etwas komplexere Unternehmen gehe, nachdem ich die kennengelernt habe und sage, in 2 bis 3 Jahren kannst du vom Level 1 auf Level 3 kommen bei einer Level 5 Möglichkeit, dann wird manchmal schon geschluckt und gesagt, naja, geht das nicht schneller? Oft geht es nicht schneller, weil viele Sachen zusammenkommen, weil damit interdisziplinäre Zusammenarbeit einhergeht, weil vielleicht die Installationen noch nicht ganz trivial sind. Jeder, der schon mal den Weltmarktführer hinreichend eingerichtet hat in unserer Webanalyse-Welt, weißt, dass zwischen dem 3 Zeilen JavaScript, die man am Anfang reinschmeißt und dem fertigen Reporting mit allen Events doch Monate vergehen, wenn es gut läuft. Zumindest ist das eine sehr häufige Erfahrung, die man hat. Das sind tatsächlich Lernkurven, die einem am Anfang nicht so ganz klar sind. #00:46:29.0#

Maik Bruns: Mal abgesehen davon, dass wir den Menschen nicht vergessen dürfen. Wir dürfen … #00:46:32.8#

Matthias Bettag: Eben, genau. Das kommt noch dazu. Dann kommt die persönliche Lernkurve dazu. In dem Moment, wo verschiedene Bereiche miteinander arbeiten, können alle willig sein, aber wenn die keine Zeit finden zusammenzukommen, weil die über verschiedene Standorte verteilt sind oder weil verschiedene Ferienzeiten oder Ausfallzeiten oder dann doch anders priorisierte Tätigkeiten dazwischenkommen, dann kann das sehr lange dauern bis so ein einfacher wöchentlicher Jour fixe mit einem Abgleich über, was hatten wir, wo wollen wir hin, wie ist der Status und was tun wir jetzt, das kann dauern bis sowas etabliert ist und dann fruchtbar wird. #00:47:07.6#

Maik Bruns: Bevor wir gleich zu deinen 3 Tipps kommen, noch eben diese ultimative Angstkarten-Frage. Was kann passieren, wenn man sich dieser digitalen Transformation nicht stellt? Passiert überhaupt was? #00:47:23.1#

Matthias Bettag: Genau. Wenn man Glück hat, passiert gar nichts, weil man davon nicht so betroffen ist. Wenn man Pech hat, läuft einem das Geschäft weg. Ich glaube, man sollte durchaus überlegen, mit wem hat man es zu tun? Also kundenseitig oder wie erreicht man seine Zielgruppen. Kunde impliziert jetzt schon wieder, dass jemand was kaufen will, das muss ja nicht immer der Fall sein. Es gibt auch andere Ansätze. Wie kann man, wenn man in einem direkten Wettbewerb steht, sicherstellen, dass man alles dafür tut, um seinen Kurs zu halten, den man halben will. Ich kann das nicht so pauschal sagen, wenn du das nicht tust, passiert das. Weil das könnte ich höchstens dann machen, wenn es konkreter wird und wenn ein Online-Reisevermittler gewisse Sachen macht oder nicht macht, dann hat das natürlich einen deutlich höheren Einfluss als Laufgeschäfte in der Innenstadt in der Kunstgalerie. Das habe ich mir gerade ausgedacht, aber es gibt halt wirklich eine ganze Reihe von Prozessen oder Geschäftsmodellen, wo das eine ganz unterschiedliche Wertung hat als im klassischen Retail oder all dem, was wir mit Online-Werbung gut erreichen können und darüber gesteuert Traffic generieren und letztendlich Wachstum einsammeln können. #00:48:43.2#

Drei Tipps von Matthias Bettag zur „digitalen Transformation“

Maik Bruns: Ja. Okay. Dann lass mal hören. Deine 3 Tipps für Webanalysten und Online-Marketer, die sich der digitalen Transformation entgegenstellen wollen oder mitnehmen wollen. #00:48:54.6#

Matthias Bettag: Also das erste ist eine Frage, die ich üblicherweise auch bei KPI-Frameworks stelle. Das ist nämlich wirklich, was ist das Ziel? Was soll auf welche Weise passieren? Und wie kann man das übersetzen? Also dieses, was soll passieren auf Ziele und Zielgruppen, um überhaupt diesem Buzzword Substanz zu geben und einen Kontext zu geben.

Die 1. Frage ist ungefähr so wie Mehmet, was Scholl das? Hoffentlich gibt’s dazu eine gute Antwort. Wenn das nicht beantwortet werden kann, weil der Grund, warum man das angehen möchte, ist einfach nur, dass die Konkurrenz das angeblich auch tut, dann kann man sich vielleicht mit reinen PR-Leuten umgeben und das Problem auf diese Weise lösen. Halte ich ehrlich gesagt nicht für die Regel, aber das schwingt oft genug mit, weil das halt wirklich ein sehr populäres Buzzword ist, was auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich benutzt wird, wie eingangs erwähnt.

Die 2. Frage oder Regel oder Empfehlung, die ich hätte, wäre wirklich: Es kann nicht gegen die Menschen gearbeitet werden. Oder zumindest nicht erfolgreich oder zumindest möchte ich das nicht und das wäre nicht die Kultur, die ich unterstützen möchte. Also muss das mit den Mitarbeitern passieren, damit ein Verständnis und Akzeptanz da ist. Das muss nicht mal um eine persönliche Aversion gehen, das kann sehr einfach sein, dass plötzlich umgestellt wird, dass alles, was mit Analytics zu tun hat, Marketing oder irgendeiner Business Unit übergeben werden und nicht mehr klassische IT ist, zum Beispiel. Das bedeutet, das kann für die IT eine Entlastung sein, das kann aber auch für die IT eine Bedrohung sein, weil die das Gefühl haben, jetzt pfuschen die Leute da auf Sachen rum und unsere Sicherheitsmaßnahmen sind komplett offen. Das kann aber auch sein, dass jemand sagt, doof, das war bisher eigentlich eine sichere Bank in unserer internen Budgetierung und jetzt soll das weg und der profitable Teil ist weg und wir haben hier nur noch das Blech stehen oder so. Also da gibt’s verschiedene Punkte, wo man sich überlegen muss, was ich auch vorhin meinte mit dem Ladengeschäft gegen Webseite, wenn das verschiedene Geschäftsentitäten sind, da kann es relativ schnell zu unnötigen Reibungen kommen verglichen damit, wenn man einen vernünftigen Weg hat. Das hat was mit Information zu tun, das sollte nicht Überreden sein, sondern das sollte Zuhören sein und passend machen für alle Beteiligten. #00:51:16.0#

Maik Bruns: Passend machen ist gut. #00:51:17.6#

Matthias Bettag: Dahinter steht natürlich sehr eng, wenn man etwas mit den Menschen und nicht gegen die Menschen machen möchte, dann braucht’s natürlich eine Organisationsstruktur, die sich dafür eignet. Sprich, wenn wir in der Rolle der Kommunikatoren sind zwischen verschiedenen anfordernden und liefernden Bereichen, dann braucht es eine Struktur, die das abbildet, so dass es einen Austausch gibt und die Leute ihre Fragen stellen können, ihre Trainings erhalten, ihre Anforderungen, ganz wichtig, einkippen können und dann auch mit in welcher Weise auch immer mitentscheiden können.

Das Dritte wäre tatsächlich nochmal die Wiederholung, Software ist keine Lösung, sondern Teil der Lösung. Die Transformation ist nicht durch eine Installation von Software erledigt. Die muss bedient werden, die muss benutzt werden, die muss gewartet werden, die muss sich auch letztendlich rentieren. Software kann sehr teuer werden und die kann sich trotzdem lohnen, wenn der Mehrwert noch größer ist.

Eine 4. Empfehlung quasi oben drauf ist, haben wir auch angesprochen, Prozesse erfordern Geduld, also neue Prozesse erfordern Geduld und Zeit und das wiederum betrifft sehr stark das Management, damit eine vernünftige ordentliche Forderung und Förderung passiert, um solche Veränderungen im Unternehmen oder in Teilbereichen von Unternehmen beziehungsweise unter Umständen auch für einzelne Personen, Mitarbeiterrollen, abbilden zu können und die Leute dann … es ist nicht immer Fort- und Weiterbildung, aber zumindest diese Lernkurven und diese Veränderungsprozesse nicht auf halber Strecke zu verlieren und nicht einfach nur zu erwarten, dass das passiert. Da hängt sehr viel mit dran. Das ist, was manchmal ein bisschen zu knapp gerät und was manche sozusagen auf halber Strecke oder auch dreiviertel Strecke dann irgendwann auf die harte lernen müssen. #00:53:17.4#

Maik Bruns: Ja. Klasse. Also vor allen Dingen Punkt 4 kann ich total unterstützen. Ich kann eigentlich alle unterstützen, weil das merke ich auch in meiner Beratung immer, dass den Leuten vielfach dann die Augen mit solchen Fragestellungen wie, was ist das Ziel dahinter oder dass man das integriert machen sollte mit den Mitarbeitern auch zusammen entwickeln sollte und dass man langsam aber sicher in so eine Prozedur hineinwächst. Da gibt’s auch so ein schönes Maturitätsmodell von Stéphane Hamel, das auch immer sehr schön abbildet, dass man bitte nicht sofort mit allem im Maximum starten sollte idealerweise, sondern sich vielleicht langsam aber sicher der Entwicklung öffnet und gleichzeitig dann auch das Unternehmen einfach mitnimmt. #00:54:02.2#

Matthias Bettag: Das benutze ich auch gerne dieses Modell. Das ist, wer es nicht kennt, Stéphane Hamel mal googeln, das ist eine echte Koryphäe, ein Französisch-Kanadier. Sein Modell hat 6 Achsen, das Klassische, und diese 6 Achsen werden als Spider-Chart dargestellt. Die Visualisierung finde ich insofern sehr schön, weil wenn man eine Ausrichtung hat, die in eine Richtung eine hohe Anforderung zeigt, aber auf der anderen Seite fehlen zum Beispiel Ressourcen oder Methoden, dann hat man eine dauernde Unwucht zwischen Anforderung auf der einen Seite und Möglichkeiten, diese zu bedienen, auf einer anderen Seite. Das heißt das Ziel ist nicht, so schnell wie möglich alles auf Level 4 oder 5 zu schieben, sondern das Ziel ist erstmal eine Balancierung, sodass keine Unwucht besteht zwischen den verschiedenen Möglichkeiten und wenn man dann sozusagen organisch wächst innerhalb dieser verschiedenen Dimensionen, ist das mit viel weniger Friktion und mit viel mehr Lebensfreude verbunden. Das ist aber nicht ganz trivial, weil das lässt sich natürlich über so einen Spider-Chart wunderbar darstellen, wie auch immer die Erkenntnisse zusammengekommen sind, um das so zu bewerten, aber das zeigt dieser Chart alleine oder dieses Modell alleine zeigt natürlich noch nicht, welche Schritte in welcher Reihenfolge und welcher Prio unternommen werden sollen, um entsprechend dieses nächste Level zu erreichen oder die Unwucht auszugleichen. #00:55:24.6#

Maik Bruns: Also ich werde das einfach mal in den Shownotes verlinken und ich werde es auch mal, ich werde mal ein kleines Beispiel-Bild da mit reinhängen, damit ihr euch das mal vorstellen könnt, wie das aussieht. Wer da mehr zu wissen möchte, der sollte sich einfach mal die Seite von Stéphane Hamel anschauen und wird da bestimmt auch sehr viel schlauer. Ich glaube der hat einen relativ langen Text dazu geschrieben. #00:55:41.2#

Matthias Bettag: Ja, ich weiß gar nicht, ob die so noch aktuell ist. Das letzte, was ich gesehen habe von ihm, war, dass er sie umgestellt hatte und man kann auf seiner Seite mit einem LinkedIn-Login und muss man auch keine Angst haben, der belästigt einen da nicht, dieses Modell am eigenen Unternehmen oder einem fiktiv ausgedachten ausprobieren. Dann bekommt man quasi direkt eine Auswertung. Hat er viel Zeit reingesteckt glaube ich. Ist sehr interessant. Ich kann jeden nur animieren das mal auszuprobieren. Die Gefahr, dass Stéphane einen belästigt, würde ich sagen, liegt bei null. Vielleicht gibt es mal eine freundliche Anfrage, ob er mal helfen kann oder so. #00:56:12.9#

Maik Bruns: Nein, das ist wirklich ein sehr sympathischer Mensch und wirklich ein Vordenker. So kann man es wohl sagen. #00:56:19.0#

Matthias Bettag: Ja und enorm austauschfreudig muss ich sagen. Also Stéphane kenne ich inzwischen auch schon sehr lange und es ist enorm, wie er bereit ist wirklich sein Wissen zu teilen und wie der immer noch neugierig zu allem zuhört und auch immer wieder seine eigenen Modelle auch immer wieder überholt und erneuert mit dem, was er zugetragen bekommt oder selber erlebt. #00:56:40.1#

Maik Bruns: Boah! Da haben wir jetzt aber mal wieder ein zweites Mal richtig einen Rundumschlag gewagt. Ich muss sagen, ich glaube, diese zweite Sendung war sogar noch besser als die erste. Schade für alle, die die erste nicht hören können, weil wir sie technisch versaubeutelt haben, aber … #00:56:58.1#

Matthias Bettag: Wenn du Bock hast, kannst du ja mal das Verzerrte rausschneiden und als Addon-Download anbieten. Mal gucken, ob sich da jemand drauftraut. #00:57:03.9#

Maik Bruns: Ja, pass auf! Ich biete das für 50 Euro als Download an. Mal schauen. #00:57:08.3#

Matthias Bettag: Sehr gut. #00:57:08.9#

Maik Bruns: Mal schauen, was wir damit machen. Matthias, super klasse. Toll, dass du das nochmal gemacht hast. Das Thema digitale Transformation finde ich super spannend, weil ich finde, so viele Unternehmen stehen davor und wissen oftmals gar nicht, wo sie anfangen sollen, was das umreißt, wen das auch betrifft im Unternehmen. Ich glaube, da konntest du heute ein bisschen Aufklärung leisten oder auch ein bisschen sehr viel Aufklärung leisten. Ich hoffe, dass es allen Hörern auch genauso geht wie mir. #00:57:35.9#

Matthias Bettag: Oh, das würde mich sehr freuen. Vielen Dank für die Einladung, hat mich riesig gefreut. Gerne auch wieder und vielleicht auch mal zu einem, sollte die Resonanz entsprechend sein, ich habe das Gefühl, das ist auf einem relativ hohen Level angegangen, vielleicht kann man auch mal auf die ein oder andere Weise konkreter werden und sich dann mal was angucken, was nicht so viel „it depends“ Dinge hat. #00:57:59.9#

Maik Bruns: Ja, das stimmt. Das mache ich aber auch sehr gerne. Das ist jetzt eine etwas theoretische Folge vielleicht, gerne auch wieder mehr Praxis. Dann sollten wir einfach nochmal sprechen, Matthias. #00:58:09.2#

Matthias Bettag: Fantastisch. Sehr gerne. #00:58:10.7#

Maik Bruns: Vielen, vielen Dank und ich würde sagen, wir hören uns und bis bald! #00:58:16.1#

Matthias Bettag: Alsbald, vielen Dank, Maik! Viele Grüße. #00:58:18.5#


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Maik Bruns

Maik Bruns ist nicht nur ein erfahrener Webanalyse-Profi und -Trainer, er ist der persönliche Erfolgs-Architekt für unsere Kunden. Gemeinsam mit seinem engagierten Team verfolgt er eine klare Mission: Mehr als nur Webseiten zu optimieren – er will Businesses transformieren und datenbasiert Online-Wachstum bringen. Sein exzellentes Hintergrundwissen aus Marketing, Technik und Analyse ist bei der Optimierung von Websites immer wieder gefragt und mit seiner Art hat er viele Unternehmen für Webanalyse und Growth Marketing begeistert. LinkedIn Facebook Instagram XING

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